Warum reagiert ein Rollstuhlfahrer wütend, wenn ich ihm den Vortritt in der U-Bahn lassen oder ihn über eine viel befahrene Straße schieben will? „Rollstuhlfahrer sind auch nur Menschen. Wir möchten nicht bevormundet werden, sondern selbst entscheiden, ob wir Hilfe benötigen, zum Beispiel bei einer Anhöhe oder beim Einsteigen in die Straßenbahn“, erklärt Oliver Schmidt. „Es ist besser erst zu fragen, ob man helfen kann. Noch besser ist es, zu warten, bis der Rollstuhlfahrer selbst nach Hilfe bittet“. Was gar nicht geht: ohne zu fragen einfach handgreiflich werden. Das hat niemand gerne – ob er im Rollstuhl sitzt oder nicht.
Oliver Schmidt ist ausgebildeter Coach und von Geburt an querschnittsgelähmt und sitzt deshalb im Rollstuhl. Mit seinem bislang einzigartigen Projekt "Bring dein Team in's Rollen" können Privatpersonen und Teams ein oder zwei Tage lang am eigenen Leib erfahren, wie es ist, im Rollstuhl zu sitzen.
„Die Blicke der Menschen sind anders“
Die Mitarbeiter*innen des pme Familienservice in Hamburg wollten die Perspektive einmal wechseln. Wie reagieren die Menschen auf mich, wenn ich im Rollstuhl sitze? Wo tun sich Hindernisse auf, und wie kann ich sie bewältigen? pme-Mitarbeiterin Michaela Sträßer war überrascht, dass schon kleine Schwellen und Bordsteine kaum alleine zu bewältigen waren. Und die Reaktionen ihrer Mitmenschen? „Es war schon so, dass die Leute mich länger bzw. anders anschauten. Nicht negativ, aber die Blicke sind da“, sagt sie.
„Die eigene Haltung spielt eine große Rolle“
Neben dem praktischen Teil des Workshops berichtete Oliver Schmidt auch aus seinem Alltag im Rollstuhl, den Momenten, in denen er sich voll inkludiert fühlt, und von den weniger angenehmen Situationen. Deutlich wurde: Übertriebe Fürsorge, gut gemeintes Kopftätscheln oder Mitleid sind fehl am Platz. Menschen mit Behinderungen wollen nicht anders als ihre Mitmenschen behandelt werden. „Die eigene Geisteshaltung spielt dabei eine große Rolle“, sagt Schmidt. „Wenn ich Rollstuhlfahrer nicht als anders betrachte, dann werden auch Hilfestellungen wie ‚Gehen Sie bitte schon mal vor!‘ als selbstverständlich aufgenommen und nicht falsch verstanden“. Bei aller Hilfsbereitschaft muss klar sein: Der Rollstuhlfahrer allein entscheidet, ob er den Beistand benötigt. Und niemand sollte beleidigt sein, wenn seine Hilfe freundlich abgelehnt wird.
Ihr habt auch Lust, die Perspektive zu wechseln und ein Teamcoaching im Rollstuhl zu machen?
Auf der Webseite von Coach Oliver Schmidt "Bring Dein Team ins Rollen" findet ihr alle Infos: www.oliverschmidt.coach