Thomas Feibel: "Wichtig ist Selbstschutz"
Kindermedienexperte Thomas Feibel über Fallstricke für Kinder in der digitalen Welt und wie Eltern in punkto Mediennutzung ein gesundes Maß finden.
Herr Feibel, warum ist digitale Bildung für Kinder so wichtig?
Thomas Feibel: Dazu gibt es eine kleine Geschichte: Eine Chefin beschwerte sich, dass eine jobbende 16-jährige Schülerin immer so frech und arrogant in die dienstliche WhatsApp-Gruppe schreiben würde. Der Grund: Das Mädchen schrieb mit der Arbeitgeberin und den Mitarbeitenden genauso, wie mit ihren Freunden. Also ganz direkt, ohne Anrede, Abschiedsformel und sonstige Höflichkeitsformen.
Dabei zählt die passende Ansprache zu den Grundkenntnissen der digitalen Kommunikation. Das gehört für mich ebenso zur digitalen Bildung wie das Beherrschen der Technik. Vor allem aber ist mir die Fähigkeit zum Selbstschutz wichtig, denn im Netz lauern zahlreiche Fallstricke und Gefahren. So hat fast jede Schule schon ihre negativen Erfahrungen mit Cybermobbing oder von Schülerinnen und Schülern versendeten Nacktbildern gemacht. Hinzu kommen die Abzocktricks der Games oder pädophil veranlagte Erwachsene, die sich das Vertrauen der Kinder erschleichen.
Ihre Tipps für Eltern – wie mit digitalen Medien umgehen?
Wenn wir auf geregelte Zeiten und altersgerechte Inhalte achten, ist eigentlich alles in Ordnung. Nur fühlen sich Eltern in der Erziehung oft überfordert und es kommt immer wieder zu Streit, weil Kinder und Jugendliche einfach zu viel Zeit mit Games, sozialen Netzwerken und Streamingdiensten verbringen.
Ein gesundes Maß geht nicht ohne feste Regeln, die wir am besten mit den Kindern gemeinsam festlegen. Dazu gehören auch Sanktionen, falls die Regeln gebrochen werden. Ein gutes Hilfsmittel ist der Mediennutzungsvertrag. Mit der Aufstellung von Regeln allein ist es aber noch nicht getan, die Kontrolle der Einhaltung bleibt ein mühsames Geschäft. Wichtig ist, dass Eltern konsequent sind, weil Verlässlichkeit in der Erziehung eine große Rolle spielt. Ebenso muss das eigene Vorbildverhalten, zum Beispiel im Umgang mit dem Smartphone, selbstkritisch hinterfragt werden.
Was zeichnet gute digitale Inhalte für Kinder aus?
Die Inhalte sollen Kindern Spaß machen und sie herausfordern, ohne sie zu überfordern. Sie sollten gewaltfrei und altersgerecht sein und die Vorgaben des Jugendschutzes sollten bei Filmen durch die FSK und bei Games durch die USK berücksichtigt werden. Oft sehen Eltern in Games nur das Negative. Dabei können sie auch strategisches, logisches, lösungsorientiertes und unkonventionelles Denken fördern. Und nicht vergessen: Kinder spielen auch, weil sie dabei Kompetenzen wie Kreativität, Konzentration, Ausdauer und Frustrationstoleranz weiterentwickeln. Konsolenspiele sind übrigens oft teuer, doch heute können sie auch in vielen öffentlichen Bibliotheken entliehen werden.
Sie sagen, junge Menschen müssten von Anfang an verschiedene Lesefähigkeiten erlernen. Was genau meinen Sie damit?
Jedes Medium benötigt eine eigene Lesekompetenz. Wer Bücher und Zeitschriften lesen kann, kommt mit dieser Fähigkeit beim Spielen z.B. von „Fortnite“ nicht weiter. Games setzen eine eigene Lesefähigkeit voraus. Ähnliches gilt auch für das Internet, soziale Netzwerke und viele weitere digitale Angebote.
Über Thomas Feibel
„Die Nutzung des Internets muss von gesundem Misstrauen begleitet werden“, sagt der Kindermedien-Experte und Journalist Thomas Feibel.
In seinen Kinder- und Jugendbüchern geht es u.a. um die Aufklärung von Cybermobbing, Fake News und soziale Netzwerke. 2019 erschien sein Buch "Mach deinen Medienführerschein".